von Jenny Berns

Herborn (jb). Zu einem Kammermusikabend der besonderen Art hatten die Evangelische Kirchengemeinde Herborn und die Herborner Kantorei am Sonntagabend ins Martin-Niemöllerhaus eingeladen. Werke aus fünf Jahrhunderten in ungewöhnlicher Besetzung standen auf dem Programm und begeisterten das zahlreich erschienene Publikum.



Mona Debus (Sopran), Atsuyo Gössl (Klavier), Günter Gössl (Klarinette) und Werner Gössl (Marimba) boten beim Kammermusikabend eine herausragende Leistung. (Foto: Berns)

„Wunderschön und einzigartig", so lautete die einhellige Meinung der Zuhörer am Schluss des Konzerts. Die große Resonanz, die Mona Debus (Sopran), Atsuyo Gössl (Klavier), Günter Gössl (Klarinette) und Werner Gössl (Marimba/Trommel) mit ihrer musikalischen Darbietung auslösten, war dabei nicht selbstverständlich, denn die Herborner Kantorei hatte sich hinsichtlich des Programms auf ein echtes Wagnis eingelassen: Neben bekannten Komponisten wie Georg Friedrich Händel, Felix Mendelssohn-Bartholdy oder Franz Schubert präsentierten die Musiker vor allem Literatur, die den meisten Gästen nicht bekannt gewesen sein dürfte, beispielsweise das „Haru no Umi" des japanischen Koto-Virtuosen Michio Miyagi. Hinzu kam noch die ungewöhnliche Besetzung mit Klarinette, Marimba und Kleiner Trommel. Doch die große Freude, die die Musiker beim Interpretieren der Stücke hatten, übertrug sich von Anfang an auf die Hörer, und diese ließen sich bereitwillig in die „neuen Klangwelten“ entführen. Zum Auftakt ertönten „Das zitternde Glänzen der spielenden Wellen" und „Singe Seele, Gott zum Preise" aus den „Neun deutschen Arien" von Händel. Die schlicht-anmutenden Da-Capo-Arien erhielten durch die instrumentale Besetzung mit Klarinette, Klavier und Marimba einen ganz eigenen Reiz.

Besonders hervorgehoben werden muss dabei auch die Leistung von Mona Debus, die sich entschieden hatte, ungeachtet einer starken Erkältung, ihren Auftritt wahrzunehmen. Trotz leicht belegter Stimme meisterte sie die Höhen der Händel-Arien mit Bravour. Die Tatsache, dass ihre Stimme am Abend nicht ganz so voluminös wie sonst gewohnt erklingen konnte, machte sie durch eine besonders gefühlvolle Intonation wieder wett. Debus überzeugte auch nach der Pause noch einmal mit  „Ellen´s Gesang" aus dem Zyklus „Das Fräulein vom See" von Franz Schubert. Die musikalische Bearbeitung des Textes von Sir Walter Scott stammt aus dem Jahr 1825 und beinhaltet unter anderem das bekannte „Ave Maria". Selbiges sang Mona Debus mit großer und anrührender Intensität, wofür sie vom Publikum langanhaltenden Applaus bekam. Faszinierend waren die „Phantasiestücke Op. 45" von Niels W. Gade, die Atsuyo und Günter Gössl virtuos interpretierten. Die Wechsel vom harmonischen Zusammenspiel bis hin zum „klanglichen Wettstreit" zwischen Klavier und Klarinette spielten sie perfekt und entführten so leichthändig in mal fröhlich beschwingte, dann wieder melancholische und bisweilen auch sphärisch wabernde Fantasiewelten. Außergewöhnliche Klänge gab es anschließend in Form der „Trommelsuite" von Siegfried Fink. Die fünf Sätze des Stückes werden ausschließlich auf der Kleinen Trommel gespielt. Werner Gössl erlaubte sich hier „einen kleinen Sonderweg" indem er den fünften Satz auf einer „Pipe-Snare-Drum" spielte. Insgesamt ein echtes Klangerlebnis, das Gössl aber noch durch sein Marimba-Solo „Yellow After The Rain" von Mitchel Peters toppen konnte. Ein Stück, das vom Interpreten äußerste Konzentration und hohes spielerisches Können verlangt, muss es doch mit insgesamt vier Schlägeln gespielt werden. Mit dem „Concertino" von George Frock für Marimba und Klavier endete ein fulminanter Kammermusik-Abend, der sicherlich seinesgleichen sucht. Da verwunderte es nicht, dass auch die Zugabe ein musikalischer Höhepunkt war. Gemeinsam traten alle vier Musiker vor das Publikum und präsentierten ein Lied des japanischen Komponisten Hatchidai Nakamura: „Ue o muite arukou" („Nach oben blickend laufe ich"). „Wäre König David heute Abend hier gewesen, ich bin mir sicher, er hätte seine Laier an den Nagel gehängt und auf Marimba umgesattelt", fasste Pfarrer Andree Best die allgemeine Stimmung in seiner Schlussmoderation zusammen.